Liebes Saarland und Rest vonne Welt,

von Verpackungen und Verfall….dem Titel nach könnte jetzt auch eine Abhandlung über Müllvermeidung und Nachhaltigkeit folgen, merk ich gerade. Tut es aber nicht. Wir haben Herbst, wir haben Magink-Instagram Hop und ich werde alt. Tiefgründiger wird es heute nicht, nur wortreicher.

Es begab sich vor einigen Monaten, dass ein Teil dieses Hauses bemerkte, dass die Sicht etwas nachgelassen hat und einen Termin beim Augenarzt für angemessen hielt. Da schon länger der ein oder andere Splitter in Baumgröße in Klein-Ts Händen, Füßen oder sonstigen Körperteilen unerkannt blieb, konnte der andere Teil des Haushaltes sich dezente Seitenhiebe nicht verkneifen, wie praktisch es doch sei, ne jüngere geheiratet zu haben.

Es kam wie es kommen musste. Der Besuch beim Augenarzt ergab: in den T.schen Haushalt zieht die erste Gleitsichtbrille ein. Der jüngere Teil dieser Ehegemeinschaft beömmelte sich und amüsierte sich prächtig,  hatten wir doch schon länger bei unseren Eltern gewitzelt, dass die Gleitsichtbrille nahtlos ins Hörgerät, die künstliche Hüfte, den Gehwagen und letztlich die Urne übergeht. Der ältere Teil dieser Ehegemeinschaft murmelte unverständliches und warf vernichtende, sehgeminderte Blicke.

Wochen vergingen, es wurde Frühling, es wurde Sommer, der Herbst nahte und es war klar: es führt kein Weg mehr um den Optiker rum. So machte sich der eine Teil des Tschen Haushaltes endlich auf den Weg, eine neue Brille inklusive Gleitsichtgläsern auszusuchen. Ein Modell war Dank Einsatzes einer sehr motivierten Optikerin schnell gefunden, da aber der andere Teil des Haushaltes täglich in das gegenübersitzende Gesicht schauen muss, sollte auch da vorm finalen Kauf noch das OK eingeholt werden.

Familie T. machte sich also Freitags abends gemütlich auf den Weg zum Brillenfachgeschäft. Model aufgesetzt, diverse Sticheleien, Seitenhiebe und Frotzeleien über körperlichen Verfall, Altersunterschiede und das baldige Ableben später wurde das Model für gut befunden und Frau T., ihres Zeichens ich, dachte sich: ach komm, wenn wir schon mal da sind, schau ich doch auch gleich mal nach einer neuen, das gute Stück von 1999 hat nach 22 Jahren eventuell doch so langsam ausgedient.

Nun muss ich dazu sagen, dass es durchaus einen Grund gibt, warum ich seit 22 Jahren mit dem gleichen Gestell auf der Nase rumrenne: ich HASSE ES, Brillen auszusuchen. Ich hasse es so sehr. Nein, ich hasse es genau gesagt noch wesentlich mehr! Ich bin Hautton alpinaweiß, ich habe erkennbar weder Wimpern noch Augenbrauen und das einzige, was diesem Antlitz die letzten 20 Jahre Kontur gegeben hat ist das Brillengestell, das seit 1999 meinen Nasenrücken ziert. Es nervt, es ist ätzend und jedes einzelne neue Gestell sieht scheiße aus. Mal davon abgesehen, dass am Ende auch immer das gleiche Problem bleibt: um zu sehen, ob mir die neue Brille steht, bräuchte ich die alte Brille, um aber beurteilen zu können, wie die neue aussieht, muss die alte Brille ab. Kontaktlinsen vertrag ich nicht, also sehe ich schlicht und ergreifend beim Ausprobieren neuer Modelle mein Spiegelbild nicht. Erahnen geht auch nicht, denn alpinaweiß vor Kunstlicht beleuchtetem Spiegel ist halt einfach immer noch alpinaweiß. Kontrast oder Kontur, Fehlanzeige. Tolle Wurst.

Und dann das Ganze auch noch mit Maske.

Weil man schon immer blind, vernebelt und teilverhüllt aussuchen wollte, was die nächsten 22 Jahre das Gesicht ziert!

Die Verkäuferin, total nett, engagiert und motiviert hatte mir ein Model rausgesucht, was mich anfangs aber irgendwie nicht so ganz überzeugte. War halt neu, anders und überhaupt.

Gute zwei Stunden lief ich also mit jedem einzelnen Gestell, das der Laden zu bieten hat nach draußen, zog die Maske runter, machte dämliche Selfies, um im Laden dann wieder mit alter Brille auf der Nase anhand des Selfies beurteilen zu können, wie unsäglich bescheuert Modell drölfzigmillionenachthundertsiebenundsechzig aussieht, um am Ende doch wieder auf Model 1 der Verkäuferin zurückzukommen. Mann und Kind hatten längst kapituliert und waren schon mal nach Hause gegangen, natürlich nicht, bevor sich der Mann auch für Model 1 ausgesprochen hatte und das Kind sowieso bei allem befand, dass es komisch aussieht und eine neue gar nicht nötig sei.

Die Verkäuferin rang sich innerlich vermutlich alles ab, um nicht einfach laut zu schreien, aber sie blieb sehr freundlich und hilfsbereit. Auch nach der 150. Brillenfassung. Schlussendlich kurz vor Feierabend fiel die Wahl auf Model 1.

Jetzt mussten aber natürlich noch die passenden Gläser her. Ob denn die Sehstärke der alten Brille aktuell sei, wollte sie wissen. Ich wäre im Januar erst beim Augenarzt gewesen, aber so ganz glücklich sei ich beim Schauen in der Ferne nicht, antwortete ich, das Auge brauche immer sehr lange zum wieder scharf stellen, wenn ich mal nach unten geschaut hätte. Ob ich denn Probleme beim Lesen hätte? Nein, das geht prima. Gar keine Probleme, sagte ich, allerdings ohne Brille, denn sonst hätte ich wieder das Problem mit dem Scharfstellen.

Ein leichtes Grinsen huschte über ihr Gesicht.

Sie kramte in der Schublade, griff zwei Gläser und hielt sie mir vor meine Brille.

„Schauen Sie mal in die Ferne. Geht so besser?“

„Ja total“

„Dann schauen Sie mal nach unten und lesen Sie mal den Text. Haben Sie jetzt auch das Gefühl, die Brille absetzen zu müssen?“

„Nein gar nicht. Das ist super so.“

„Wirklich sicher?“

„Ja, einwandfrei. Ich seh fern klar, ich kann damit lesen, das passt super. Wesentlich besser als die jetzige Stärke.“

„Drei Jahre jünger als Ihr Mann hatten Sie gesagt?“

„Ja“ lachte ich. „Warum?“

Sie lächelte: „dann beglückwünsche ich auch Sie zu Ihrer ersten Gleitsichtbrille, Sie werden viel Spaß damit haben, vor allem wenn Sie gleich nach Hause kommen und es Ihrem Mann erzählen.“

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Es ist also jetzt amtlich. September 2021. Mit nun 43 Jahren bin ich im Herbst meines Lebens angekommen. Der nächste Schritt wird sein das Hörgerät, dann die Hüftprothese alternativ Knieprothese, dann der Gehwagen und ja, wir wissen alle, wie es dann enden wird.

In diesem Sinne

Das Brillenetui passt exakt in die Verpackung rein. Ich geh jetzt weinen.

Zur Materialliste der herbstlichen Verpackung geht’s hier lang

Schaut auch mal auf Instagram vorbei, die MagInk Friends Mädels haben sicherlich auch ganz wunderbare Verpackungen gezaubert.

Bye

Nadine